Moin Jenny,
seit 2019 bist du bei der M Projekt als Leitung für den Bereich Bau tätig. Das bedeutet, dass alle Bauleiter*innen unter deiner Leitung stehen. Wir hatten uns ja schon ein wenig vor dem Interview unterhalten und ich habe dich gefragt, ob das nicht ein typischer Männerberuf sei. „Das ist schon lange nicht mehr so, vor 10 Jahren hätte man das noch eher sagen können.“, war deine Antwort. Wenn wir auf der M Projekt Homepage nachsehen, gibt es dort allerdings nur Bauleiter. Zu diesem Thema habe ich einige Fragen, denn es ist ja interessant, dass die Bewerberquote der Frauen für ausgeschriebene Leitungspositionen bei M Projekt gen Null geht. Laut des statistischen Bundesamtes war im Baugewerbe der Anteil von Frauen in Führungspositionen 2019 mit 11 % am geringsten. Im Bereich Erziehung und Unterricht (64,6 %) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (61,3 %) arbeiteten hingegen mehr Frauen in Führungspositionen als Männer.
Dijana:
Was meinst du, woran es liegt, dass die Diskrepanz zwischen Frauen in Führungspositionen zwischen den Gesundheits- und Bildungsberufen zur Baubranche so eklatant hoch ist?
Jenny:
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, da es für mich das normalste der Welt ist. Ich hatte auch nie das Gefühl, mich in einer Männerwelt „durchboxen“ zu müssen. Nun, auf Baustellen herrscht oft ein etwas rauerer Umgangston, aber auch das hat mich nie wirklich gestört. Ich bin schlagfertig. Außerdem kenne ich viele Frauen, die im Bausektor arbeiten. Allein bei den SiGeKo‘s, das sind die Sicherheits- und Gesundheitskoordinator*innen auf den Baustellen, arbeiten sehr viele Frauen.
Dijana:
Wie bist du zu dieser Position gekommen?
Jenny:
Zu M Projekt bin ich über einen Headhunter gekommen. Ich wollte früher eigentlich Tischlerin werden. Es kam anders. Nach dem Abitur habe ich dann eine Ausbildung zur technischen Bauzeichnerin gemacht und danach Architektur studiert. Dann kam ich zu einer Firma, die international Foliendächer baut und wurde recht fix für die internationale Projektsteuerung eingesetzt. Dort wurde ich dann auch Führungskraft. Nach langer Zeit wechselte ich dann als Abteilungsleiterin in den Wohnungsbausektor für Bauen und Verwaltung.
Dijana:
War es dein Ziel, Karriere zu machen?
Jenny:
Nein, ich wollte nur arbeiten! Ich warte nicht darauf, dass mir Arbeit zugewiesen wird. Dafür war ich nie der Typ. Es war nie mein Ziel, Karriere zu machen, sondern glücklich zu sein, mit dem was ich mache und nicht stehen zu bleiben.
Dijana:
Meinst du, dass sich Frauen immer noch zu wenig zutrauen? Ich habe schon von vielen männlichen Führungskräften gehört, dass sie sehr gerne mehr Frauen in leitenden Positionen hätten, aber diese eher mit Zweifeln hadern. Wie siehst du das?
Jenny:
Auch zu meinen „Jungs“ sage ich: „Sag nie, dass du das nicht kannst!“. Allerdings beobachte ich tatsächlich, dass Frauen eher dazu neigen, sich Bedenkzeit zu geben, um etwas zu versprechen, was sie hinterher ggf. nicht leisten können.
Dijana:
Siehst du Kinder als Hindernis für eine Frauenkarriere?
Jenny:
Ich habe einen Sohn. Für mich war das nie ein Hindernis. Als er zwei war, habe ich ihn in die Krippe gebracht, als er acht Jahre alt war, war ich dann alleinerziehend, doch auch das war nur eine Frage der Organisation und kein Hindernis. Es ist vielleicht auch eine Frage, welche Erfahrungen man als Kind gesammelt hat. Als Kind habe ich zum Beispiel damals bei allem mithelfen müssen. Von der Autoreparatur bis zum Hochziehen einer Mauer. Ich habe aber auch mit Puppen gespielt. Aber meine Eltern hatten nicht so viel Geld und so wurde alles repariert, was selbst bewerkstelligt werden konnte. Das hat mir rückwirkend sicher die Berührungsängste genommen.
Dijana:
Wie geht M Projekt mit Eltern um?
Jenny:
Hier bei M Projekt ist die Gleichberechtigung voll angekommen. Väter nehmen Erziehungsurlaub oder müssen im Falle, dass das Kind krank ist, eben auch zuhause bleiben. Und das ist hier ganz normal.
Dijana:
Vielen Dank für das Interessante Gespräch, Jenny!