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Eine neue Klimaschutzsiedlung im Geteviertel
„Wir haben hier einen besonderen Ort, der sehr gut erschlossen ist.“

Die ersten Entwürfe der Architekten und Stadtplaner für eine Klimaschutzsiedlung mit bis zu 150 Wohnungen, einer Kita und einem Seniorenheim an der Ostpreußischen Straße/Konrad-Adenau-
er-Allee haben bei einer virtuellen Einwohnerversammlung vor allem eins bekommen: viel Lob. Der Teufel steckt allerdings im Detail, denn einige Fragen müssen noch geklärt werden.

Matthias Rothmann, Architekt beim Zwarten Hond Köln, betonte die in seinen Augen beinahe ideale Lage des zukünftigen Baugebiets. „Wir haben hier einen besonderen Ort, der sehr gut erschlossen ist.“ Es liege an der Stadt, diese Fläche gut zu nutzen. „Wir haben dafür einen Vorschlag gemacht.“ Tatsächlich hatte sich das Büro in Kooperation mit den Landschaftsarchitekten von Kraftraum in einem Wettbewerb gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt. In der Vahr entstünde damit die vierte Klimaschutzsiedlung Bremens.

„Das wesentliche Element ist der große gemeinsame Hof“, beschrieb Rothmann den zentralen Ort, etwa 2500 Quadratmeter groß, der Klimaschutzsiedlung. „Diese Idee entstand, weil das Gebiet zwar super erschlossen ist, aber nur zwei kleine Stichwege hineinführen.“ Das zukünftige Quartier werde deswegen weitgehend autofrei gestaltet. „Und um diesen Hof gruppieren sich dann die Gebäude.“ Darunter sind Mehrgeschossgebäude im Westen und an der Konrad-Adenauer-Allee. An der Konrad-Adenauer-Allee sollen außerdem geförderte Wohnungen entstehen und eine Kindertageseinrichtung für vier Gruppen sowie ein Seniorenheim mit einem Pflegebereich und Seniorenwohnungen. Im südöstlichen Bereich wiederum sehen die Architekten Reihenhäuser vor.

Damit der zentrale Hof autofrei sein kann, wird es für die Reihenhäuser Carport-Anlagen geben, für die teilweise dreistöckigen Mehrfamilienhäuser sind Tiefgaragenplätze vorgesehen. „Besucherparkplätze entstehen an der Konrad-Adenauer-Allee“, so Rothmann weiter. Insgesamt soll das Quartier ohnehin so gestaltet werden, dass die Bewohner „auf das Zweit- oder Drittauto verzichten können.“ Konkret bedeutet dies, dass ein geringerer Stellplatzschlüssel als üblich angewandt wird, das heißt, es stehen insgesamt weniger Parkplätze zur Verfügung als üblich. Dies ist möglich, weil der Entwurf ein Mobilitätskonzept vorsieht: Car-Sharing, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Platz für E-Bikes und Lastenfahrräder.

Teil des Konzepts als Klimaschutzsiedlung ist außerdem ein geringer Energieverbrauch. „Das bedeutet zum Beispiel eine möglichst gute Energieversorgung durch Fernwärme, die unter Umständen durch Fotovoltaik-Anlagen ergänzt wird“, so Rothmann. Diese wiederum ließen sich gut durch die geplanten extensiven Dachbegrünungen ergänzen. „Diese kühlen die Fotovoltaik-Anlagen und machen sie etwas effizienter“, erklärte Rothmann. Weiterer Vorteil: Die Dachbegrünung speichert Wasser.

Die Frage der Entwässerung ist dennoch ein Thema, das nach Aussagen der Projektplaner noch weiter bearbeitet werden muss. Der Grund: Der Boden eignet sich nicht als Versickerungsfläche.

René Rheims, Landschaftsarchitekt beim Büro Kraftraum, sieht in dem zentralen Hof die lebendige Mitte des Quartiers. „Wir sehen maximale Grünflächen vor, mit Platz für gemeinsame, übergreifende Aktivitäten.“ Als Beispiel nannte er Urban Gardening, also den Anbau von Pflanzen und Gemüse. Gleichzeitig soll die gesamte Fläche auch als informelle Spielfläche für Kinder genutzt werden. Lange Holztafeln sollen Möglichkeiten für gemeinsame Treffen bieten. „Möglich sind auch Hochbeete, Bienenstöcke, Spielgeräte für Kinder und mobile Sitzmöbel.“ Ausgeschlossen sei hingegen der Individualverkehr auf dem Hof. Einen Kompromiss müssen die Planer aber eingehen: Der Weg zum Innenhof muss für die Müllabfuhr und Feuerwehr ausreichend befestigt sein.

Noch ist dem Vorhaben allerdings ein in den vergangenen Jahren gewachsenes Gebüsch im Weg. „Teilflächen sind behördlich als Wald eingestuft“, sagte Nicole Braun vom Stadtplanungsbüro BPW. Das heißt, wenn dort Bäume gefällt werden müssen, müssen sie ersetzt werden.

Werner Dressel sprach für die Pächter des Kleingartengebiets an der Tannenbergstraße. „Wenn man sich die Präsentation ansieht, ist das eine tolle Sache.“ Einwände habe er allerdings bei der zukünftigen Nutzung des Gumbinnenwegs. „Der führt direkt in die Kleingartenanlage und an die Parzellen.“ Es sei jahrzehntelange Praxis gewesen, diesen Weg zum Abfahren von Grünschnitt und Bauschutt zu nutzen. Die Sorge: Wenn das autofreie Quartier kommt, können auch die Parzellenbesitzer den Weg nicht mehr nutzen. „Wir haben sehr viele ältere Pächter und Behinderte, die große Schwierigkeiten bekommen würden.“ Er sehe da noch großen Gesprächsbedarf. „Aber man sollte sich einvernehmlich einigen“, stellte er die Dialogbereitschaft der Kleingärtner heraus.

Genau darum gehe es ja bei der Einwohnerversammlung, nämlich in den Dialog zu kommen, antwortete Stefan Dierks, Referat für Stadtentwicklung im Bauressort. „Wir nehmen das als Prüfauftrag auf.“ Er erinnerte aber auch daran: „Der Gumbinnenweg ist seit 1977 eine Grünanlage, da dürfen sie nicht Auto fahren.“

Investor Olaf Mosel zeigte sich ebenfalls gesprächsbereit. „Mir ist sehr an einer Zusammenarbeit gelegen und ich würde gerne eine pragmatische Lösung finden.“ Mosel rechnet mit einem Baubeginn im Winter 2022.  Der vorläufige Entwurf wird nun im Beirat Vahr vorgestellt. Danach folgt die öffentliche Auslegung des überarbeiteten Entwurfs. In dieser Zeit können Behörden und Bürger Ergänzungen, Anmerkungen und Einwände vorbringen.

Die Entwurfsplanungen sind auf https://www.bauumwelt.bremen.de/wohnungsbau/planen_und_bauen/eroerterungster-mine_bauleitplaene-344527 abrufbar.

Der Artikel von Christian Hasemann erschien am 03.05.2021 im Weser Kurier.