Rückhalt für die Klimaschutzsiedlung
Baudeputation befürwortet die Pläne für das Projekt in der Vahr – Kritik von Bürgerinitiative
Bremen. Ein „alter Bekannter“, wie SPD-Baupolitiker Falk Wagner sagte, hat zum wiederholten Mal die Baudeputation beschäftigt. Hinter dem Bebauungsplan 2518 verbirgt sich schon seit Längerem ein Konflikt. Es geht um ein etwa 2,6 Hektar großes Gebiet in der Vahr, in dem der Investor Olaf Mosel Wohnraum bauen will. Die Deputierten haben das Vorhaben in der Sitzung am Donnerstag abgesegnet. Mit einer Gegenstimme wurde beschlossen, den Plan nicht erneut öffentlich auszulegen – bei der ersten Auslegung hatten verschiedene Akteure Einwände gegen das Projekt vorgebracht. In der schriftlichen Vorlage nimmt der Konflikt 104 Seiten ein. Politisch herrscht größtenteils Einigkeit darüber, dass das Projekt in der Vahr genau das sei, was Bremen für die Zukunft brauche: ein nachhaltig geplantes und für verschiedene Zielgruppen geeignetes Quartier, das der Abwanderung ins Umland entgegenwirken könnte.
Um welches Gebiet geht es? Das Gebiet liegt an der Ecke Ostpreußische Straße/Konrad-Adenauer-Allee. Auf dem Areal, das überwiegend aus einer ehemaligen Kleingartenanlage besteht, sollen 120 Wohnungen entstehen. Vorgesehen ist eine drei- bis fünfgeschossige Wohnbebauung in Form von Mehrfamilienhäusern und etwa 40 bis 45 Reihenhäusern. Neben Eigentumswohnungen sollen frei finanzierte und öffentlich geförderte Mietwohnungen geschaffen werden. Vorgesehen sind außerdem ein Seniorenwohnheim und eine Kita. Das gesamte Quartier wird als „zertifizierte Klimaschutzsiedlung“ geplant – zum Beispiel durch autofreie Bereiche und besonders hohe Energiestandards der Gebäude.
Wie äußert sich der Konflikt? Kritik an den Bebauungsplänen haben mehrere Akteure geäußert. Vor allem eine Bürgerinitiative sowie Anwohner des angrenzenden Kleingartenvereins Tannenberg sprechen sich gegen das Projekt aus. Sie kritisieren unter anderem, dass für die Bebauung 15.000 Quadratmeter Wald gerodet werden müssten – an anderer Stelle würden dafür etwa 19.000 Quadratmeter aufgeforstet. Der BUND bezeichnet die Kompensation als „äußert knapp berechnet“. Die Naturschützer bemängeln auch eine Bodenversiegelung. „Hier soll ein Mikroklima und Biotop plattgemacht werden“, hatte Walther Erwes, Mitglied der Bürgerinitiative, dem WESER-KURIER vor einigen Wochen gesagt. Das Waldstück sei fast 60 Jahre so belassen worden und „ein CO2-Speicher par excellence“. Die Kleingärtner befürchten Nutzungskonflikte und kritisieren, dass sie durch den Neubau ihre Gärten zukünftig nicht mehr zu jeder Zeit direkt mit dem Auto erreichen können.
Wie reagiert die Behörde auf die Vorwürfe? Die Deputation hat am Donnerstag in Werner Dressel erneut einen Vertreter des Kleingartenvereins zu Wort kommen lassen. Dressel warf der Behörde von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) vor, den Deputierten eine mangelhafte und veraltete Grundlage für die Entscheidungsfindung geliefert zu haben. Schaefer wies den Vorwurf zurück. Ebenso wie Falk Wagner betonte sie außerdem, dass man sich nicht nur mit den Einwänden intensiv beschäftigt habe – tatsächlich finden sich in der Vorlage zu allen Kritikpunkten lange Erwiderungen-, sondern auch immer wieder vor Ort gewesen sei. „Ich habe mit jedem, der ein Gespräch wollte, auch ein Gespräch geführt“, sagte Wagner. Der Kleingartenverein sei nicht kompromissbereit.
Wie beurteilen die Fachpolitiker das Projekt? In der Beurteilung des Bauvorhabens sind sich die Parteien einig, Silvia Neumeyer, baupolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, sprach von einem „wunderbaren Projekt“, das sehr durchdacht sei. „Da ist eine große Menge von allem dabei, was wir brauchen“, sagte sie mit Verweis auf die Kita, das Seniorenwohnheim und das im Inneren autofrei geplante Quartier. Wagner lobte die gute Anbindung an den ÖPNV. Es sei, so der SPD-Politiker, sowohl wohnungspolitisch als auch unter nachhaltigen Gesichtspunkten ein „hervorragendes Stadtentwicklungsprojekt“. Ralph Saxe (Grüne) brachte einige „naturfachliche Bedenken“ vor. Zum Beispiel würde er sich eine Waldkompensation in unmittelbarer Nähe wünschen – er wisse aber auch, dass geeignete Flächen schwierig zu finden seien. Grundsätzlich seien die autofreien Gebiete aber genau das, was man brauche, so Saxe.
Den Artikel schrieb Felix Wendler in der Ausgabe des Weser-Kuriers vom 03. Juni 2022